Zehn einfache Jazzstandards für die Improvisation
Methodik, wie lerne ich einen Jazzstandard?
Jazzstandards bilden das Basisrepertoire jedes Jazzmusikers. Wer sich als Saxophonist mit dem Thema Jazz und Improvisation beschäftigt, kommt an Ihnen nicht vorbei. Doch welche Jazzstandards eignen sich für den Einstieg?
In diesem Artikel stelle ich zehn einfache Standards vor. Sie haben eine sangliche, gut klingende Melodie, decken verschiedene Stilistiken ab und das Wichtigste: Die Harmonik ist relativ simpel. Du kommst also mit einem reduziertem, klaren Tonmaterial bei deinen Improvisationsschritten aus. Optimal für die ersten Gehversuche im Bereich Jazzimprovisation.
Die Stücke sind so etwas wie das Standard-Einsteiger-Repertoire. Songs, die dir auf vielen Sessions, Workshops oder Proben begegnen werden, Wahre Klassiker.
Was brauchst du um diese Songs zu lernen? Meiner Meinung nach drei Dinge.
- Ein Realbook bzw. die Noten. Ein Realbook ist eine Sammlung von Jazzstandards, meist gebunden als Buchform. Es gibt dieses Realbooks (auch Fakebooks genannt) von verschiedenen Verlagen. Wenn du Noten bestellst, achtete darauf das du eine Eb-Version erwirbst, wenn du die Noten auf dem Alt,- oder Baritonsaxophon spielen willst. Greifst du zum Sopransax oder zum Tenor, muss es natürlich eine Bb-Version sein.
- Aufnahmen der Songs. Jazz kann man nicht aus Büchern lernen. Man muss diese Musik hören, selber machen, ausprobieren. Noten sind nur eine Hilfe und in der Anfangszeit des Jazz haben die Musiker Songs nur nach dem Gehör gelernt. Ich zitiere hier gerne den fantastischen Altsaxophonisten Gary Bartz:
„If you started…off a written page, you started backwards.“, Gary Bartz |
Ich gebe immer ein paar Hörbeispiele und wichtige Aufnahmen an. (CD´s) an. Besorge dir diese Recordings im CD-Laden, Bei Internetshops oder such sie bei Spotify und Co. raus. Höre die Stücke häufig, nicht nur einmal. Singe das Thema mit der Aufnahme mit. Solange bist du es auswendig kannst. Deine Phrasierung, dein Timing und dein Sound wird davon viel mehr profitieren, als wenn du nur nach den Noten vorgehen würdest.
Es ist natürlich nützlich, wenn du ein Play-a-long hast. Über dieses kannst du dann deine Improvisationen üben. Play-a-longs kann man kaufen. Sehr bekannt ist zum Beispiel die Reihe von „Jamey Aebershold“ oder die App „irealpro“. Tolle Hilfsmittel, die aber die Erfahrung einer echten Band nicht ersetzen können. Suche dir nach Möglichkeit Mitmusiker, mit denen du gemeinsam spielen kannst.
- Geduld, Jazzimprovisation lernt man keineswegs über Nacht. Nimm dir nicht alle zehn Stücke auf einmal vor. Suche dir ein bis zwei aus und beschäftige dich mal ein paar Wochen nur mit diesen.
Die Liste, 10 Einsteiger-Jazzstandards
Natürlich ist diese Liste rein subjektiv. Es gibt noch einige Standards mehr, die auch hier eine Platz verdient hätten. Du darfst diese Liste also gerne ändern und ergänzen. Wenn ich von Tonarten rede, meine ich immer die klingende Tonart. Du musst das entsprechend anpassen (einen Ganzton höher wenn du Tenor spielst, eine kleine Terz tiefer wenn du Alto spielst
Mercy, Mercy, Mercy (Joe Zawinul)
Thema: Das Souljazzstück hat eine interessante, markante Melodie.
Improvisationstipps: die Improvisationsteile können nur über die Akkorde Bb7 Eb7 (klingend) ausgeführt werden. Sein langsames, funky Feeling erlaubt auch ein Solo mit wenigen Noten aus der Bluestonleiter.
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahme: Julian Cannonball Adderley, mercy, mercy, mercy, live at „the club“ (1966)
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Cantaloup Island (Herbie Hancock)
Thema: Eine einfache Melodie, wenig Noten, viele Pausen, ein kleiner Tonumfang senken die Einstiegshürde. Der Pianovamp ist weltbekannt und mehrfach gesampelt.
Mark Murphy schrieb übrigens einen Text zu der Komposition.
Improvisationstipps: Das Stück kommt mit drei Akkorden (Fm7, Db7, Dm7) aus. Es ist in jeweils viertaktigen Einheiten konstruiert. Hier gilt es in der Form zu bleiben und die Änderung der Akkorde in der Improvisation mitzumachen. Die jeweilige Pentatonik ist ein guter Startpunkt.
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahme: Herbie Hancock, Empyrean Isles (1964), Hugh Masekela, The Americanization of Ooga Booga (1965)
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Ein einfacher Blues darf nicht fehlen Ich würde Bessie´s Blues (John Coltrane) oder Route 66 (Bobby Troup) empfehlen.
Improvisationstipps: Die Bluesform eignet sich deshalb gut für den Einsteig, da man über den kompletten Song nur mit der Bluestonleiter improvisieren kann (nicht muss).
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahmen: John Coltrane Quartet, Crescent (1964), Nat King Cole Trio (1946)
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Take the A-Train (Billy Strayhorn)
Thema: Die Erkennungsmelodie des Duke Ellington Orchestra steht in der angenehmen Tonart C-Dur und hat eine klare AABA Form. Höre mal auf das Timing und Phrasing von Ella Fitzgerald. Das Scatsolo von ihr lohnt übrigens auch einen genaueren Blick.
Improvisationstipps: Die Akkordwechsel sind nicht zu schnell. Zu Beginn zweitaktig, dann eintaktig. Eine einfache II – V – I Verbindung lässt sich leicht bewältigen. Die Bridge geht in die Subdominante (F) über die Doppeldominante (D7) und eine IIm7-V7-I Verbindung zurück zur Tonika des letzten A-Teils.
klingend:
Gut funktioniert auch eine Improvisation mit Dur-Pentatoniken: C-Dur, D-Dur, F-Dur
Alto:
Gut funktioniert auch eine Improvisation mit Dur-Pentatoniken: A-Dur, B-Dur, D-Dur
Tenor:
Gut funktioniert auch eine Improvisation mit Dur-Pentatoniken: D-Dur, E-Dur, G-Dur
Aufnahmen: Duke Ellington (1941), James Carter, Jurassic Classics (1994)
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James Carter Jurrasic Classics zur Zeit nicht lieferbar
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St. Thomas (Sonny Rollins)
Thema: Die gleiche Tonart wie bei Take the A-Train, rhythmisch aber ganz anders. Ein schneller Latin im Calypsostyle.
Improvisationstipps: Wenn man für die Improvisation nur die C-Dur Pentatonik nutzt, kann man schon viel erreichen. Probiere mal den Einsatz der Bluestonleiter, das ergibt einen schönen Farbwechsel. Leute mit mehr Improvisationserfahrung können die Akkordwechsel natürlich gerne voll ausspielen. Gerade der zweite Akkord (A7, als Sekundärdominante zu Dm7) bietet viele Möglichkeiten.
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahmen: Sonny Rollins, Saxophone Colossus (1956)
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Blue Bossa (Kenny Dorham)
Thema: Ein Latin in C-Moll. Achte bei den Oktavsprüngen im Thema auf eine gute Intonation und das deine Offbeats gut „in time“ sind.
Improvisationstipps: Lasse dich nicht von vielen Akkorden abschrecken. Für den Einstieg würde ich dir empfehlen die ersten acht Takte in der einen Pentatonik zu denken, dann vier Takte in der anderen und dann nochmal vier Takte in der ersten.
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahmen: Joe Henderson, Page one (1963)
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Autum Leaves (Joseph Kosma)
Thema: Eigentlich ein französischer Chanson „les feuilles mortes“ wurde das Stück zum Jazzstandard. Achte auf die Tonart. Die meisten Jazzmusiker spielen das Stück in G-Moll. In manchen Realbooks wird aber E-Moll verwendet. Lerne es lieber in G-moll.
Improvisationstipps: Du kannst weite Strecken in Moll denken. Bei der V. Stufe macht es Sinn die große Terz fis zu verwenden. Die anderen Töne nimmt man einfach aus der Molltonleiter, die man schon die ganze Zeit einsetzt.
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahmen: Cannonball Adderly , somethin´ else (1958), Nat King Cole (1956)
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So what (Miles Davis)
Thema: Das Album kind of blue ist das meist verkaufteste Album der Jazzgeschichte, nicht ohne Grund: Alle Stücke aus diesem Album sind Standards. Ich habe mich für So what entschieden, aber auch All Blues oder Freedie Freeloader würden gut in die Liste passen. Die Melodie von So what spielt der Bass, als Bläser kannst du dich auf die Einwürfe beschränken.
Improvisationstipps: So what ist ein modales Stück. Es besteht nur aus zwei Akkorden/Tonleitern. Dm7, dorisch und Ebm7, dorisch. Die Form ist AABA, 32 Taktig.
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahmen: Miles Davis, kind of blue (1959)
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Maiden Voyage (Herbie Hancock)
Thema: Ähnlich wie bei Cantaloup Island kommt Herbie Hancock mit sehr wenigen Tönen in der Melodie aus. Das Besondere an diesem Stück sind die ungewöhnliche Rhythmik, das geniale Schlagzeugspiel von Tony Williams und die ausschließliche Verwendung von sus-Akkorden. Die Form ist gängige AABA Form
Improvisationstipps: Lerne die vier Sus-Akkorde (D7sus4, F7sus4, Eb7sus4, Db7sus4) auswendig. Ein Sus-Akkord ist wie ein Dominantseptakkord, bei dem die Terz durch die Quarte ersetzt wird. Das ergibt einen schönen, schwebenden Sound. Jeder Akkord dauert immer vier Takte an
klingend:
Alto:
Tenor:
Aufnahmen: Herbie Hancock, Maiden Voyage (1965)
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Misty (Erroll Garner)
Thema: Eine Ballade darf auf so einer Liste natürlich nicht fehlen.
Improvisationstipps: Du solltest die harmonische Entwicklung des Stückes in der Improvisation mitvollziehen. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Akkord ausgespielt werden muss. II-V-I Verbindungen kann man zusammenfassen und in tonalen Zentren denken. Das macht es für Einsteiger schon bedeutend leichter. Probiere auch mal Guidelines (aus Terzen oder Septimen) bei deiner Improvisation.
klingend:
– in der Klammer 1 C7 empfiehlt sich der Ton e statt es
Alto:
– in der Klammer 1 A7 empfiehlt sich der Ton cis statt c
Tenor:
– in der Klammer 1 D7 empfiehlt sich der Ton fis statt f
Aufnahmen: Eroll Garner Plays Misty: Original Recordings (1953-54), Frank Sinatra, Sinatra&Strings (1962)
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Frank Sinatra, Sinatra&Strings zur Zeit nicht lieferbar
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